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Familienzuwachs

Es war die Vorbereitung zu einer Überraschung: eines Tages sah ich über den Behandlungstisch in der Praxis hinweg durch das Fenster, wie sich Pauls und Peters über zwanzig Jahre altes Baumhaus wie von Geisterhand langsam nach unten bewegte. Unser Mieter Stefan, ein Landwirt, hatte das Baumhaus mit dem Frontlader seines Schleppers leicht angehoben. Nach dem Paul die Stützen abgesägt hatte konnte es vorsichtig abgelassen werden. „Was macht ihr denn da?“ frage ich. „Fahrradschuppen“, erklären Peter, Paul und mein Mann und blicken dabei überall hin, nur nicht in meine Augen. „Sooo?! Hättet ja mal was sagen können.“



„Wird schön, der Fahrradschuppen“, freue ich mich über das ausgebesserte und in Schwedenrot gestrichene Häuschen ganz ohne Baum. Als Paul dann aber bodenbürtig neben der Eingangstür ein kleines, gerade mal 25 Zentimeter Rechteck einsägt und es mit einem kleinen Türchen schließt werde ich dann doch stutzig. „Für kleine Fahrräder“, erklärt er.


An meinem Geburtstag holt Michel, mein Mann, morgens um sechs Uhr von einem befreundeten Biobauern die gut vorbereitete Hühnerhaltungsgrundausstattung: gebrauchter Zaun, Futter und, das Wichtigste: drei Hühner. Nach einem Geburtstagsständchen mit „Happy Birthday“ und „Viel Glück und viel Segen“ darf ich drei verängstigte Hühner aus ihrer Transportkiste holen ums sie ihr neues Domizil, den Hühnerstall mit Sitzstange, zwei Legenestern und einem kleinen Ölgemälde vom Flohmarkt an der Hühnerstallwand, beziehen zu lassen. Nachdem sie sich einigermaßen beruhigt haben, öffnen wir die „Tür für kleine Fahrräder“ damit sie über die Hühnerleiter in ihr abgegrenztes Hühnergehege steigen können.


Dabei erhalten sie, in der Reihenfolge ihres Aus-, besser Auftritts, ihre von Peter ausgedachten Namen: erst Annegret, dann Kramp und zuletzt Karrenbauer.


Wenn ich morgens die Hühner rauslasse und die den Stall miste fühlt sich das ein bisschen so an, als wäre ich eine Bäuerin mit einem zugegebenermaßen ganz kleinen Bauernhof. Annegret, Kramp und Karrenbauer schenken anhaltend Freude und Eier.



Durch rasche Versammlung vor dem Kellerfenster von Peters Schlagzeug-Übungsraum, egal in welcher Ecke des Gartens sie vorher gepickt haben, zeigen die Drei ihre Liebe zur Musik im Allgemeinen und zum Schlagzeug im Speziellen, sobald Peter den ersten Trommelwirbel spielt. Durch heftiges Picken gegen die Fensterscheibe begehren sie Einlass in den Proberaum.


Den Zaun haben wir zwischenzeitlich durch einen schönen Staketenzaun ersetzt. Michel hat es ausgerechnet: bei einer durchschnittlichen Produktionszahl von 2 Eiern an 300 Tagen im Jahr amortisieren sich die Kosten der Hühnerhaltung bereits nach zirka 21 Jahren.



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